Als ich vor einigen Jahren einen Job am Schreibtisch hatte, verstand ich plötzlich das ewige Gejammere von Leuten, dass sie zu wenig Zeit hätten, Sport zu machen. „Nicht mit mir“, dachte ich damals. Ich wollte nicht fett und lethargisch werden, nur weil ich in der Arbeit den ganzen Tag sitze und das dann auch noch zusätzlich als Ausrede für mich selbst verwenden. Müde sein vom Sitzen, diese Idee fand ich irgendwie seltsam und weil Schwimmen angeblich gut für den ganzen Körper ist, wollte ich damit beginnen.
Eines Tages fing ich also an, mir diverse Schwimmbäder in Wien anzusehen. Im Stadthallenbad war mir das Ganze irgendwie zu sportlich-konkurrenzorientiert, im Hütteldorfer Hallenbad zu viele Kinder, das Amalienbad war zu weit weg und im Jörgerbad waren mir zu viele Pensionisten. Weil mir Letzteres aber damals geographisch am Nächsten gelegen ist und mir Pensionisten lieber sind als übereifrige Sportler und es noch dazu das älteste bestehende Hallenbad Wiens ist, entschied ich mich dazu, ab nun immer hier schwimmen zu gehen. Immer, das hieß zwei Mal wöchentlich, einmal am Morgen vor der Arbeit und einmal irgendwann am Wochenende. Es dauerte nicht lange, bis Routine in meine neue Beschäftigung kam und das Schwimmen mehr oder weniger meditativ passierte. Allerdings stellte sich auch im Jörgerbad immer wieder Verzweiflung ein. Die beiden Bahnen, die für Schwimmer reserviert waren, wurden sehr oft von langsam rückenschwimmenden alten Damen mit Badehauben okkupiert, die so aussahen als würden sie nach ihrem Badetag die nebenstehende „Aida“-Filiale beehren, um ein Stück Cremeschnitte zu essen. Nun mag ich ja diese anmutige Ausstrahlung, die solche Menschen umgibt ganz gerne und wo würde sie denn besser hinpassen als in solch ein altehrwürdiges Bad? Trotzdem musste ich mich immer wieder darüber ärgern, dass mein eigener Schwimmrhythmus darunter litt.
Bis ich dann irgendwann einmal wieder meine Eltern in Eisenstadt besuchte. Ich wollte wie gewohnt schwimmen gehen und verlegte mein Training deshalb ins dortige Hallenbad. Ein Ort, an dem ich gut 20 Jahre nicht mehr war. Renoviert sei es worden, vor einigen Jahren. Doch nicht nur der stechende Chlorgeruch versetzte mich sofort in meine Kindheit zurück, als ich in diesem Bad meine ersten Tempi lernte. Das Interieur schien komplett unberührt zu sein und ich bildete mir ein, sogar den Bademeister noch von damals zu kennen. Doch das Schönste daran waren nicht die Erinnerungen, die ich mit diesem Ort verbinde oder das wunderbar verrückt aussehende Mosaik an der Wand, das einen Apfelbaum zeigt. Es war die Tatsache, dass weit und breit kein Mensch im Bad war. Komplett entspannt und ungestört konnte ich hier meine Längen ziehen. Obwohl das Eisenstädter Hallenbad wesentlich jünger ist als das Jörgerbad, steht die Zeit für mich hier noch stiller als überall anders.
Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht mehr das Gefühl habe zu viel zu versäumen, wenn ich mir die Nächte nicht in Wien um die Ohren schlage. Die Stille und Gemütlichkeit sind jedenfalls die wichtigsten Gründe, warum meine Wochenendbesuche im Burgenland danach wieder wesentlich mehr geworden sind.
Anmerkung: Dieser Beitrag ist im Rahmen eines Projektes des Literaturhaus Mattersburg entstanden.
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